Pressemitteilung vom 8. Juli 2025:
Erneute Blockade der NADIR – Politische Repressionen gegen RESQSHIP gehen weiter
Das zivile Segelschiff NADIR der deutschen NGO RESQSHIP, wird zum zweiten Mal innerhalb eines Monats am Auslaufen gehindert. Zuvor hatte die Crew 59 Menschen aus Seenot in internationalen Gewässern gerettet und in Sicherheit gebracht.
Am Nachmittag des 4. Juli 2025 entdeckte die NADIR – einem Seenotalarm des zivilen Aufklärungsflugzeugs SEABIRD3 folgend – ein überfülltes und seeuntüchtiges Holzboot in internationalen Gewässern. Die 59 Menschen an Bord waren zwei Tage zuvor aus Zuwarah (Libyen) aufgebrochen und litten unter starker Dehydrierung. Das Boot neigte sich zudem bereits gefährlich zur Seite. Die Crew der NADIR nahm alle Schiffbrüchigen an Bord und steuerte den offiziell zugewiesenen sicheren Hafen in Lampedusa an, wo alle Geretteten am frühen Morgen des 5. Juli an Land gehen konnten.
Am Nachmittag desselben Tages leiteten die italienischen Behörden Ermittlungen gegen die NADIR ein. Als Begründung wurde angeführt, dass keine Information an die maltesische Seenotleitstelle übermittelt worden sei, obwohl die Rettungsleitstelle in Rom nachweislich die Koordination des Einsatzes übernommen hatte. Kurz darauf wurde eine Festhalteverfügung gegen das Schiff verhängt.
Bereits am 8. Juni – also nur vier Wochen zuvor – war die NADIR unter Berufung auf die neueste Fassung des Piantedosi-Gesetzes willkürlich festgesetzt worden. Damals hatte die Crew 112 Menschen aus Seenot gerettet und sie nach Lampedusa gebracht – dem nächstgelegenen sicheren Hafen. Erst nach 20 Tagen Blockade konnte das Schiff am 28. Juni zu seiner humanitären Beobachtungseinsatz im zentralen Mittelmeer zurückkehren, nur um nun erneut mit staatlicher Repression konfrontiert zu werden. Das 2023 eingeführte und im Herbst 2024 verschärfte Piantedosi-Gesetz hat das Ziel, zivile Seenotrettung durch bürokratische Hürden systematisch zu behindern. Es ist Ausdruck einer europäischen Abschottungspolitik, die darauf abzielt, schutzsuchende Menschen um jeden Preis von Europas Küsten fernzuhalten. Durch die Finanzierung und Unterstützung libyscher Milizen, das Blockieren von Rettungs- und Beobachtungseinsätzen sowie das Dulden illegaler Pushbacks hat die Europäische Union eine Praxis etabliert, in der Menschenrechtsverletzungen gegen Flüchtende normalisiert werden.
„Wenn Staaten der Meinung sind, dass ein ziviler Akteur die falsche Rettungsleitstelle kontaktiert, liegt es nicht nur in ihrer Hand, sondern auch in der Pflicht der koordinierenden Behörde, die zuständigen Behörden zu informieren“, sagt Merle Dammhayn, Sprecherin von RESQSHIP.
Doch seit Jahren verweigern europäische Akteure ihre Verantwortung und verstoßen gegen menschenrechtliche Verpflichtungen. Wo staatliches Handeln versagt, ist es seit über einem Jahrzehnt die Zivilgesellschaft, die Todesfälle im Mittelmeer zu verhindern versucht. Die jüngste Strategie Italiens richtet sich nun gezielt gegen kleinere Schiffe wie die NADIR – mithilfe eigens dafür geschaffener juristischer Konstrukte. Gleichzeitig kürzt Deutschland seine Zuschüsse für zivile Seenotrettung und verweigert Geflüchteten an seinen Außengrenzen grundlegende Rechte.
RESQSHIP verurteilt die erneute Repression gegen das Segelschiff NADIR auf das Schärfste. Wir fordern die sofortige und bedingungslose Freigabe des Schiffes.
Die wiederholten Festsetzungen zeigen deutlich, wie dringend notwendig unser Einsatz für Gerechtigkeit und das Recht auf Leben ist.
#LetUsSail
#FreeNadir
Über RESQSHIP:
RESQSHIP e. V. führt seit 2019 Beobachtungseinsätze im zentralen Mittelmeer durch, um auf die prekäre Situation von Menschen auf der Flucht aufmerksam zu machen und Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren. In Notfällen unterstützen die Besatzungen Seenotrettungseinsätze und kommen damit ihrer maritimen Pflicht zur Hilfeleistung nach. Seit 2021 haben die Besatzungen der Nadir mehr als 12.000 Menschen in Seenot unterstützt.
Weitere Informationen zu RESQSHIP: https://resqship.org/
Pressekontakt: Merle Dammhayn
Telefonnummer: +39 331 4218860
E-Mail: presse@resqship.org