Gegen Mitternacht fand die Crew des Motorseglers NADIR von RESQSHIP e.V. südwestlich von Lampedusa ein doppelstöckiges Holzboot in Seenot mit rund 57 Menschen an Bord. Mehrere Menschen unter Deck waren bei Ankunft der Nadir bewusstlos. Für eine Person kam jede Hilfe zu spät. Die Besatzung evakuierte die Menschen und übergab sie am Morgen an die italienische Küstenwache. Die Nadir brachte die Leiche nach Lampedusa.
Noch in den Abendstunden erfuhr die Crew der Nadir von einem Seenotfall mit über 57 Menschen an Bord, der von dem Netzwerk Alarmphone gemeldet wurde. Kurz nach Mitternacht fand sie das manövrierunfähige Holzboot, das von Libyen aufgebrochen war. Die Überlebenden berichteten augenblicklich von bewusstlosen und schwerverletzten Personen unter Deck. Um die Menschen unter Deck zu erreichen, evakuierte das Team der Nadir zunächst alle Überlebenden auf Deck. Später konnte sie zwei bewusstlose Personen und eine verstorbene Person bergen. Die Besatzung alarmierte die zuständigen Behörden, forderte umgehende Unterstützung an und begab sich auf den Weg nach Lampedusa. Gegen neun Uhr morgens erreichte die italienische Küstenwache die Nadir. Diese übernahm die Überlebenden sowie die medizinischen Notfälle. Die Nadir ist in dieser Stunde in Lampedusa eingetroffen, um den Leichnam zu übergeben
„Solche Boote mit zweitem Deck sind enorm gefährlich. Die Menschen unter Deck waren nicht nur schweren Benzingasen ausgesetzt, sondern während der Evakuierung für uns außerdem schwer zu erreichen,“ berichtet Eliott, Co-Skipper auf der Nadir. Die Besatzung musste die Menschen mit Gasmasken aus dem Boot ziehen. Über Stunden hinweg seien das Ärzt:innen-Team an Bord mit lebenserhaltenden Maßnahmen beschäftigt gewesen. Ob die bewusstlosen Personen überleben, ist bis zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar.
“Wir vermuten, dass die verstorbene Person aufgrund einer solchen Atemwegsvergiftung ihr Leben verlor. Es zeigt uns erneut, welch unsagbaren Bedingungen Menschen auf der Flucht über das Mittelmeer ausgesetzt sind. Die Schaffung von sicheren Fluchtwegen ist essenziell, um dem Sterben ein Ende zu setzen,” sagt Yani, Crewmitglied auf der Nadir.
Die Nadir befindet sich derzeit auf ihrer ersten Beobachtungsmission in diesem Jahr. Dies war bereits ihr fünfter Rettungseinsatz in wenigen Tagen. Seit Freitag konnte die Crew, in Zusammenarbeit mit der italienischen Küstenwache, rund 224 Menschen auf der Flucht vor dem Tod im Mittelmeer bewahren. Die vorherigen Boote waren allesamt von Tunesien aus gestartet – dort eskaliert zurzeit wieder die Lage. Insbesondere Menschen aus subsahara-Afrika werden zur Zielscheibe staatlicher Gewalt und begeben sich zunehmend auf die Flucht über das Mittelmeer.
Foto: RESQSHIP/Leon Salner