Italienisches Dekret macht NGOs das Retten schwer

Newsletter vom 23. Januar 2023:   
 
Zunächst hoffen wir, dass du gut ins neue Jahr gekommen bist und wünschen dir alles erdenklich Gute für 2023!

Wir bereiten uns derzeit auf die kommenden Missionen vor: Unsere Nadir ist in der Winterwerft und wird von vielen fleißigen Ehrenamtlichen für die Einsätze ab April fit gemacht. Und zugleich laufen die Planungen für das Crewing – uns fehlen noch ein paar Leute mit technischen und nautischen Kenntnissen. Falls du in diesen Bereichen Kenntnisse hast, bewirb dich gerne für eine unserer kommenden Missionen über das Formular auf unserer Mitmachen-Seite.

Mehr Tote im Mittelmeer durch neues italienisches Regierungsdekret

Ein von Italien Anfang Januar erlassenes Dekret sieht unter anderem vor, dass zivile Rettungsschiffe nach jeder Rettung sofort den zugewiesenen italienischen Hafen anlaufen und andere offene Seenotfälle ignorieren sollen. Dies widerspricht jedoch der Pflicht zur Rettung nach internationalem Seerecht und bedeutet im Ernstfall mehr Tote. In einer gemeinsamen Erklärung haben sich 20 in der Seenotrettung aktive Hilfsorganisationen, darunter auch RESQSHIP, an die Europäische Kommission, das Europäische Parlament sowie die europäischen Mitgliedstaaten gewandt und fordern, dass Italien das Dekret widerrufen muss. Mehr dazu hier.

Nun hat sich auch ein hochrangiger katholischer Bischof gegen das Dekret ausgesprochen: Gian Carlo Perego ist der Leiter der Seelsorgeabteilung der Italienischen Bischofskonferenz (CEI) und der CEI-Kommission für Migration, bekannt als Fondazione Migrantes. Er fordert, dass das neue Dekret aufgehoben werden sollte (mehr dazu hier).

Screenshot-Tagesschau-Angekettet-MONITOR

Monitor deckt auf: Angekettet übers Meer auf Mittelmeerfähren

Die gemeinsamen Recherchen des ARD-Magazins Monitor mit Lighthouse Reports, SRF, Al Jazeera und Domani haben Schockierendes aufgedeckt: Auf Mittelmeerfähren werden Menschen unter unwürdigen Bedingungen gefangen gehalten, um sie so von Italien zurück nach Griechenland zu bringen. Ein schmaler Metallschacht, ausgelegt mit Pappkartons, darauf ein dünnes Laken. Ein düsterer Ort im Unterdeck einer Fähre, die Reisende über das Mittelmeer transportiert. Nicht mehr benutzte Toilettenräume oder ein einfaches Metallregal am Rande eines Parkdecks. Es gibt auf Fährschiffen mehrere solcher Orte, die offenbar dazu dienen, Asylsuchende festzuhalten – manche mehr als 30 Stunden lang, teils angekettet, ohne die Möglichkeit, zu schlafen oder auf die Toilette zu gehen. Mehr dazu hier.

Screenshot-Zeit.de_Sarah-Mardini

Syrische Seenotretterin auf der Anklagebank

Auf Netflix ist sie eine Heldin – in Griechenland wurde Sarah Mardini, selbst Geflüchtete, eingesperrt und angeklagt. 2015 war Sarah Mardini zusammen mit ihrer Schwester Yusra (beide waren in ihrer Heimat Leistungsschwimmerinnen) vor dem syrischen Bürgerkrieg geflohen. In einem Schlauchboot versuchten sie, von der türkischen Küste nach Lesbos zu gelangen. Doch das Boot drohte zu sinken. Unter Einsatz ihres Lebens schwammen die beiden Schwestern stundenlang, zogen das Boot mit den 18 Insassen hinter sich her und erreichten so die griechische Insel. Danach schaffte es Sarah nach Berlin und Yusra zu Olympia. Sarah kehrte mehrfach nach Griechenland zurück, engagierte sich in der Seenotrettung – und wurde im August 2018 von den griechischen Behörden festgenommen.

Vor knapp zwei Wochen begann der Prozess gegen sie und 23 weitere Aktivisten – das Gericht wies zwar einige der Vorwürfe zurück, doch ein Freispruch ist das noch nicht. Denn nun muss sich Sarah Mardini einem zweiten Verfahren stellen, in dem ihr unter anderem Menschenschmuggel vorgeworfen wird. Lest dazu die Berichte auf Spiegel online und Zeit.de

leeres-Metallboot

Schwimmende tödliche Badewannen – RESQSHIP-Interview in ECHOES

„Schwimmende tödliche Badewannen“ – so kann man die Metallboote beschreiben, in denen in letzter Zeit immer mehr Menschen die gefährliche Flucht über das Mittelmeer riskieren, zunehmend über die tunesische Route. Das erste Mal begegneten wir 2022 während der September-Mission einem solchen Boot. Im nächsten Monat waren es schon drei. Im November haben wir an acht Tagen elf Boote in Seenot geholfen, neun davon waren aus Metall. Eines dieser Boote hat sich während des gemeinsamen Rettungseinsatzes mit der italienischen Küstenwache mit Wasser gefüllt und ist innerhalb von wenigen Sekunden gesunken. Soweit wir wissen, waren alle diese Boote von Tunesien aus aufgebrochen.

Die Januar-Ausgabe der CMRCC-Publikation ECHOES widmet sich den Entwicklungen und Problemen auf der tunesischen Route. Ihr findet darin ab Seite 18 ein Interview mit RESQSHIP, in dem es u. a. um unsere Erfahrungen mit den beschriebenen Metallbooten, aber auch mit der tunesischen Route und um unser Einsatzkonzept geht. Hier geht’s zur ECHOES-Ausgabe.

Echoes-Titel-Jan.2023

Berufungsgericht in Neapel bestätigt Urteil: Rückführungen nach Libyen sind illegal

Die Mühlen der Justiz mahlen oft langsam, doch scheinen auch im neofaschistischen Italien die Gerichte noch unabhängige Entscheidungen zu treffen. Das belegt die Bestätigung eines Urteils durch das Berufungsgericht von Neapel gegen den Kapitän des Handelsschiffs Asso 28, der Ende 2021 zu einer einjährigen Haftstrafe verurteilt wurde, weil er mehr als hundert Schiffbrüchige nach Libyen zurückgebracht hatte.

Mit der Rückführung der aus Seenot Geretteten hat der Kapitän mehrere Straftatbestände erfüllt: „willkürliche Anlandung und Aussetzen von Personen“ gemäß Artikel 1155 des italienischen Schifffahrtsgesetzes und „Aussetzen von Minderjährigen“ gemäß Artikel 591 des italienischen Strafgesetzbuchs. Die Bestätigung der Verurteilung bekräftigt den Grundsatz, dass kein Kapitän von der Einhaltung des Völkerrechts ausgenommen ist, insbesondere von der Notwendigkeit, schiffbrüchige Personen in einen sicheren Hafen zu bringen, der nicht Libyen ist. Hier geht’s zum Artikel dazu (auf Italienisch).

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Andrea Finkel vom RESQSHIP-Team in Augsburg

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Veranstaltungshinweise

  • Film-Event in Freiburg „Grenzen und Leben“ am Sonntag, 29. Januar 2023, von 16-19 Uhr im Wallgraben Theater, Rathausgasse 5a, Freiburg im Breisgau. Filme und Infos zu Seenotrettung, Eintritt ist frei – mehr Infos gibt es hier!
Resqship-Movie-Event-Freiburg

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