Fünf Boote und eine dramatische Rettungssituation

von Jens Bernhard Janssen, Crew-Mitglied auf der Nadir auf Mission 2/2024 (Mai)

Mitte Mai brach die Nadir mit der zweiten Crew in diesem Jahr ins Einsatzgebiet auf. Sie fand fünf Boote in Seenot, zwei Mal nahm sie die Menschen an Bord und brachte sie nach Lampedusa. Das letzte Boot sank vor ihren Augen binnen Sekunden, als die italienische Küstenwache gerade mit der Evakuierung begonnen hatte – mit vereinten Kräften konnten alle 45 Schiffbrüchigen gerettet werden. 

 

Wie leicht hätte es schief gehen können: Irgendwo weit draußen in der Nacht ein weißes Fiberglasboot mit 45 Menschen, ein kleines funkelndes Licht im Nirgendwo, das immer wieder aus den Wellen auftaucht. Wir waren in der maltesischen SAR-Zone, da wo wahrscheinlich die meisten Menschen einfach verschwinden, weil Malta den Hörer aufgelegt, wenn es um Beistand für Geflüchtete gebeten wird. 

 

Rettung in der Morgendämmerung 

Wir hatten großes Glück, auf dieses Boot gestoßen zu sein, die Position war unklar, die Sicht beschränkt, Wind und Welle nahmen gewaltig zu. Trotzdem entschieden wir uns bis zur Morgendämmerung zu warten, um bei Tagesanbruch die Menschen unter sehr schwierigen Bedingungen an Bord nehmen zu können. 45 Menschen aus Syrien und dem Südsudan, erschöpft, abgekämpft und in erbärmlichen Zustand, äußerlich ihrer Würde beraubt. Unter ihnen eine Familie mit kleinen Kindern. Wir werden das Bild von einem Säugling nicht vergessen, der unberührt von der Welt in der Küche auf dem Tisch liegt und lächelt. 

 Wäre die Nadir nicht vor Ort gewesen, hätte dieses Baby, seine Eltern und all die anderen Leute kaum eine Chance gehabt. Es sind Menschen, die oft in keiner Statistik über die Toten im Mittelmeer auftauchen, weil das Meer sie verschluckt, bevor Europa sie überhaupt wahrgenommen hat. 

Gemeinsam mit der italienischen Küstenwache

In den 18 Tagen auf See waren wir an insgesamt fünf Rettungen aktiv beteiligt, haben Rettungswesten ausgegeben an die, die von der italienischen Küstenwache abgeborgen wurden, haben zweimal Gäste an Bord genommen, versorgt und nach Lampedusa gebracht. 

Die letzte Rettung war besonders dramatisch, ein grob zusammengeschweißtes Stahlboot mit Menschen aus der Subsahara mit 46 Menschen aus Guinea und dem Senegal, die weit vor der tunesischen Küste versuchten, ihren schwimmenden Sarg auf dem Wasser zu halten, indem sie permanent mit aufgeschnittenen Kanistern Wasser aus dem Boot schöpften. Als die italienische Küstenwache sich näherte brach Panik aus, das Boot versank in Sekunden im Wasser und es grenzt an ein Wunder, dass alle, die sich an unser Beiboot und das Centifloat (ein neun Meter langer, aufgeblasener Rettungsschlauch) geklammert haben, nicht ertrunken sind. 

 

Es gelingt Europa zunehmend sich abzuschotten, dies durch Kooperation mit dem immer rassistischer werdenden Regime in Tunesien, das die Menschen aus den Olivenhainen in die Wüste deportiert, dort aussetzt und verhungern und verdursten lässt.

Diejenigen, die es dennoch schaffen, sind oft auf sich selber gestellt und kein Mensch weiß, wie viele unbemerkt ertrunken sind, bevor von Flugzeugen oder Fischerbooten eine ungefähre Position durchgegeben wird, die es den Rettungsorganisationen oder der italienischen Küstenwache ermöglicht, nach ihnen zu suchen. 

Klar ist auch nach dieser Mission, dass, wie unser Crewmitglied Peter sagt, die Süd- Nord-Migration nicht aufhören wird, solange viele Menschen im Süden nichts zu beißen haben. Katja, unsere Bordärztin, empfindet es als größte Schande, dass immer noch so viele Menschen auf diese Reise gehen müssen und dabei ihr Leben lassen. Das ist ein erbärmliches Zeugnis internationaler Politik. Und Ingo, unser Kapitän wünscht sich, dass diejenigen, die für diese Situation mitverantwortlich sind, an ihrem eigenen Leibe erleben, wie es ist, mit vollgeschissenen Windeln in einem solchen Boot zu sitzen, dem der Untergang droht. 

Aber natürlich gab es auch für uns als Crew gute Momente. Es ist unglaublich schön, die Dankbarkeit derjenigen zu empfangen, denen wir helfen durften. Das Winken der Menschen, die geduscht, frisch eingekleidet und versorgt, mit der Fähre von Lampedusa zum Festland gebracht wurden, werden wir nicht vergessen, unsere empfundene Freundschaft und Solidarität untereinander wird für immer bleiben. 

 

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