Pressemitteilung vom 11 Mai 2025: Nach drei Tagen in Seenot im Mittelmeer: Crew der NADIR evakuiert zahlreiche Verletzte und leistet Überlebenden Erste Hilfe. Für zwei Kleinkinder und eine weitere Person kommt jede Hilfe zu spät.
62 Menschen evakuierte die Crew des zivilen Hilfsschiffs NADIR am Samstag aus einem manövrierunfähigen Schlauchboot südlich von Lampedusa. Zwei Kleinkinder waren zu diesem Zeitpunkt bereits tot. Ein Mensch starb trotz Reanimationsversuchen. Die Überlebenden litten unter teils schweren Verletzungen. Zwei Babys sowie zwei Erwachsene wurden später von der italienischen Küstenwache medizinisch evakuiert. Nach stundenlanger Versorgung an Bord brachte die NADIR die Überlebenden sicher nach Lampedusa.
Gegen 13 Uhr, am 10.05.25, hörte die Crew der NADIR des deutschen Vereins RESQSHIP den Funkspruch eines Frontex-Flugzeugs über ein Boot in Seenot in der maltesischen Such- und Rettungszone. An Bord befanden sich 62 Menschen, darunter 17 Frauen, zwei Babys und vier Kleinkinder. Das Schlauchboot war drei Tage zuvor in Al-Zawiyah (Libyen) gestartet. Der Motor war zwei Tage zuvor ausgefallen. Seitdem waren die Menschen Wind und Wetter schutzlos ausgeliefert.
Als die NADIR gegen 16:30 Uhr das Boot erreichte, kam für mehrere Menschen jede Hilfe zu spät. “Als wir mit der Rettung begannen, wurden uns zwei leblose Kinder zwischen 3 und 4 Jahren übergeben“, berichtet Rania, Rettungssanitäterin an Bord der NADIR. „Sie waren auf der Flucht bereits am Tag zuvor gestorben, wahrscheinlich sind sie verdurstet.” Laut Aussagen der Überlebenden war bereits am Vortag eine Person über Bord gegangen und ertrunken. Bei der Evakuierung aller Menschen auf die NADIR wurde außerdem ein bewusstloser Mann geborgen und nach Eintreten eines Kreislaufstillstandes 30 Minuten lang vergeblich reanimiert.
Die zur Unterstützung gerufene italienische Küstenwache kam gegen 20:45 Uhr mit einem aus vorherigen Rettungseinssatz bereits vollem Boot und konnte lediglich die zwei Babys gemeinsam mit ihren Müttern sowie zwei weitere schwer Verletzte an Bord nehmen und nach Lampedusa bringen. Der Zustand der Kinder und auch der beiden Erwachsenen war kritisch.
Die verbliebenen Überlebenden an Bord der NADIR litten unter teils schweren chemischen Verbrennungen: „Viele hatten großflächige Verätzungen durch die Mischung aus Salzwasser und Treibstoff“, erklärt Hannah, Ärztin an Bord der NADIR. „Besonders Frauen waren betroffen, da sie im Inneren des Bootes saßen, wo sich die Flüssigkeit angesammelt hatte.“
Die Crew der NADIR versorgte die Menschen über Stunden medizinisch und stabilisierte sie, soweit möglich, und nahm Kurs auf den ihr zugewiesenen sicheren Hafen Lampedusa. Um 4 Uhr morgens erreichte die NADIR die Insel, wo die Überlebenden an Land gehen konnten. Die Körper der Verstorbenen wurden an die Behörden übergeben.
Diese Tragödie hätte verhindert werden können. Sie steht exemplarisch für das Versagen der europäischen Migrationspolitik. Anstatt Schutz zu gewähren, werden Schutzsuchende systematisch und illegal an Orte zurückgezwungen, in denen ihnen Folter, sexualisierte Gewalt und Ausbeutung drohen. Statt Hilfe zu koordinieren und sichere Fluchtwege zu ermöglichen, überlässt Europa schutzlose Menschen sich selbst – mit tödlichen Konsequenzen. Dass Kinder auf der Flucht verdursten, ist ein unentschuldbares politisches Versagen.

Credits: Sea Watch // Bahar Kaygusuz

Credits: RESQSHIP
Pressekontakt: Paula Gaess
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